Arbeiterwohlfahrt
Arbeiterwohlfahrt 1. 1926 – 8. 1933
(Freie Wohlfahrtspflege; 11)
4.350 Seiten auf 61 Mikrofiches
2005, ISBN 3-89131-474-4
Diazo negativ: EUR 390,– (ohne Mwst.) / EUR 464,10
(inkl. Mwst.)
Silber negativ: EUR 468,– (ohne Mwst.) / EUR 556,92 (inkl. Mwst.)
Bereits 1919 gründeten Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten den »Hauptausschuß für Arbeiterwohlfahrt« (AWO) als soziale Unterstützungsorganisation mit dem Ziel, Arbeiterinnen und Arbeiter nicht länger oder ausschließlich Objekte der bürgerlichen Armenpflege sein zu lassen. Die AWO sollte als Interessenvertretung die »Selbsthilfe der Arbeiterschaft« stärken. Der Ausbau erfolgte sehr rasch: Mitte der 1920er Jahre zählte die neue Organisation bereits 5.000 Einrichtungen, darunter etwa 1.000 stationäre Anstalten mit ca. 60.000 Betten und 6.000 Pflegekräften.
Die Gründung einer eigenen überregionalen Fachzeitschrift dauerte allerdings bis 1926. Marie Juchacz (1879–1956), die Gründerin und langjährige Vorsitzende der AWO, bemerkte in ihren einleitenden Worte für die Zeitschrift Arbeiterwohlfahrt, die AWO benötige nicht nur ein eigenes Organ für den Meinungs- und Erfahrungsaustausch ihrer ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden über die Probleme der Wohlfahrtspflege sowie ein Forum zur Vermittlung von Gesetzes- und Verwaltungshandeln auf sozialem Gebiet. Für Juchacz war die Zeitschrift auch ein notwendiges »Kampforgan«: »Die Führer der konfessionellen Wohlfahrtsverbände machen sich den zeitungslosen Zustand der Arbeiterwohlfahrt zu Nutze, um in wirklich und scheinbar grundsätzlichen Meinungsäußerungen ihre Machtposition zum Nachteil der sozialistischen Anschauung zu wahren und zu stärken«.
Schon daraus wird die Außenseiterstellung der AWO deutlich. Aus parteipolitischen Gründen von den bürgerlichen und konfessionellen Verbänden gemieden, war sie als einziger Spitzenverband nicht Mitglied in der Liga der freien Wohlfahrtspflege. Somit bereichert die Zeitschrift das Spektrum der Wohlfahrtsblätter um eine wichtige, kritische Perspektive.
Der Aufbau der einzelnen Hefte ähnelte allerdings dem anderer Fachblätter diesen Sektors. Auf sozialpolitische Grundsatzartikel folgten Berichte aus der Praxis, Mitteilungen aus dem Verband und den diversen Gliederungen sowie eine Bücher- und Zeitschriftenschau. Mit der redaktionellen Erstellung und Verantwortung wurde Hedwig Wachenheim (1891–1969) betraut, die Leiterin der ersten AWO-Wohlfahrtsschule. Seit Mitte 1931 redigierte Lotte Lemke (1903–1988), ebenfalls ausgebildete Wohlfahrtspflegerin und seit 1930 Geschäftsführerin der AWO, die Zeitschrift bis zum März 1933.
Die Fachbeiträge reflektierten die berufs- und sozialpolitischen Veränderungen in der Weimarer Republik aus sozialdemokratischer Sicht. Ein Hauptanliegen der Verantwortlichen war die Schulung und Information der Fachkräfte, die im Verlauf der Republik zunehmend in der beruflichen sozialen Arbeit Fuß faßten. Die Zeitschrift Arbeiterwohlfahrt sollte deren sozialistische Anschauungen im Verhältnis zu den »bürgerlichen« Fürsorgerinnen und Fürsorgern prägen.
Im Frühjahr 1933 wurde die AWO von den Nationalsozialisten verboten und ihre Einrichtungen aufgelöst oder von der NSV übernommen. Das 14. und letzte Heft des Jahrgangs 1933 erschien mit Hakenkreuz in der Titelzeile; es zeugt von dem erfolglosen Versuch der Deutschen Arbeitsfront, die AWO als gleichgeschalteten Teil in die Arbeitsfront zu integrieren und die Zeitschrift als NS-Blatt weiterzuführen. Doch neben der NSV war kein Platz für eine weitere nationalsozialistische Wohlfahrtsorganisation.