Leuchtkugeln
München/Quedlinburg 1847 – 1851
1.452 Seiten auf 16 Mikrofiches, 1998, ISBN 3-89131-283-0
Diazo negativ: EUR 140,– (exkl. MwSt.) / EUR 166,60 (inkl. MwSt.)
Silber positiv: EUR 180,– (exkl. MwSt.) / EUR 214,20 (inkl. MwSt.)
Sollte man, auch wenn dies vielleicht nicht besonders erhellend und sinnvoll wäre, die drei besten deutschen Satire-Zeitschriften der Jahre um 1848/49 benennen müssen, eine käme mit größter Wahrscheinlichkeit in die engste Wahl: das Münchener Blatt Leuchtkugeln. Denn sowohl von seinen außerordentlich treffsicheren Texten wie von seinen eminent gelungenen Karikaturen her gehört das Blatt in jedem Falle zum Herausragendsten, was die aufbruchslustigen und veränderungswilligen Zeichner und Schreiber jener Jahre hervorbrachten.
Die Leuchtkugeln wurden aus München in den erregten Revolutionshimmel der Deutschen geschossen, aus einer im übrigen bei derlei Bewegungen eher zurückhaltenden, konservativen Stadt. Das heißt: Sie waren jederzeit polizeilich observiert und verfolgt, stets gefährdet von der Zensur und mehr als einmal unterdrückt. So brachten sie es nur auf die Lebens- und Überlebenszeit eines halben Jahrzehnts, von 1847 bis 1851 kamen sie erst dreimal wöchentlich, dann einmal wöchentlich heraus, die Nummer zu acht Seiten. Die exzellente Redaktion von Alexander Ringler und Emil Roller, zweier bekannter und erfahrener Journalisten, die beide in eine Reihe von »Preßprozessen« verwickelt waren, gab dem Blatt eine außerordentliche scharfe und hellsichtige Formulierlust, verdeckt unter dem für Obrigkeitsaugen bestimmten, unauffällig klingenden Tarn-Untertitel »Randzeichnungen zur Geschichte der Gegenwart«.
Mitten im Jahre 1851 wurden die Leuchtkugeln dann doch, wie zu erwarten war, vor ein Geschworenengericht gezogen und endgültig verboten. Die bis dahin erschienenen sieben Bände mit je 24 Nummern galten bisher bibliographisch als alles Erschienene. Inzwischen ist jedoch bekannt, daß dies nicht stimmt. Ein angefangener, kurz darauf aber endgültig abgebrochener achter Band konnte aufgefunden werden, mit dem man, nach einer Pause, unter einer neuen Redaktion bis Quedlinburg, also weit weg von München, ausgewichen war. Diese bislang unbekannten dreizehn Nummern der definitiv letzten Folge werden in der vorliegenden Edition zum ersten Mal publiziert.
Ein eigens ausgedrucktes Programm ihrer journalistischen Absichten haben die
Leuchtkugeln
nicht vorgelegt.
Die Bilder und Texte sollten für sich sprechen. Und dies tun sie auch. Die Nummern dieses Blattes ergaben, für sich genommen und als Ganzes gesehen, ein überaus beachtliches Panorama und Quellenwerk vom Anfang, von den Höhepunkten und vom Ende einer deutschen revolutionären Erhebung oder auch erhebenden Revolution, eine so erheiternd wie nachdenklich stimmende, auch heute noch beeindruckende Materialiensammlung zu den Stimmungen, Meinungen und Absichten der eher liberalen Zeitgenossen, wie sie dichter und punktgenauer kaum gedacht werden kann.
Unter den bekannter gewordenen Mitarbeitern finden sich Namen wie Roderich Benedix, Ferdinand Freiligrath, Friedrich Hornfeck, Ludwig Kalisch, Theobald Körner, Gottfried Kinkel, Rudolf Marggraff, Alexander Ringler, Hermann Rollett, Ludwig Seeger und August Silberstein.
Alfred Estermann