Münchener Punsch
München, 1848 – 1871, 1875
Beilage: Theater-Pfeile 1850
zusammen 9.953 Seiten auf 96 Mikrofiches, 1998, ISBN 3-89131-280-6
Diazo negativ: EUR 640,– (exkl. MwSt.) / EUR 761,60 (inkl. MwSt.)
Silber positiv: EUR 830,– (exkl. MwSt.) / EUR 987,70 (inkl. MwSt.)
Der Münchener Punsch, im Revolutionsjahr 1848 begonnen und ohne Unterbrechung bis 1871, dem Jahr der Gründung des Zweiten Deutschen Reiches, erschienen, ist eines der drei länger erschienenen illustrierten Satireblätter aus dem politisch im 19. Jahrhundert eher zur Mäßigung und Bewahrung tendierenden Süden Deutschlands aus München – die beiden anderen sind die Fliegenden Blätter und, viel später, der Simplicissimus.
Man kann die Geschichte dieser Zeitschrift bereits an ihren Untertiteln ablesen. Bezeichnend ist schon der Anfang: Sie wurde, wie viele andere Satire-Projekte, zunächst als »Carnevals-Blatt« gegründet, sie dokumentiert daher auch den Zusammenhang zwischen politischem Karneval und Revolution. Noch 1848 änderte sich der Untertitel in »Ein satyrisches Original-Blatt«, was in einer Zeit des ungeregelten und oft bedenkenlosen Nachdruckens eine wichtige Reklame bedeutete, ab 1856 hieß sie »Ein humoristisches Originalblatt« und ab 1869, kurz vor dem Ende, nur noch »Ein humoristisches Wochenblatt«. Der Versuch, sie 1875 zu neuem Leben zu erwecken, diesmal mit dem Untertitel »Glossirte Wochen-Chronik der Gegenwart«, verlief dementsprechend nur kurz und endete mit diesem Jahr.
Der Münchener Punsch wurde wöchentlich mit einer Nummer zu vier, später acht Seiten ausgeliefert. Sein Herausgeber und Redakteur war M.E. Bertram (M.E. Schleich), der das Blatt auch, soweit bisher zu sehen, fast ausschließlich im Einmannverfahren schrieb. Dies bedingt die Einheitlichkeit so gut wie eine gewisse Einförmigkeit des Blattes, die wiederum eine wichtige Begründung für die Bewertung seiner Stellungnahmen ist. Die Themen werden aus süddeutscher Sicht abgehandelt: die bayerische, die deutsche und auch die europäische Politik und Gesellschaft. Das Blatt wurde daher zu seinen Lebzeiten von manchen seiner Zeitgenossen als Gegenpol zur Springflut der Karikaturenblätter aus dem Norden Deutschlands, zumal dem dort führenden Kladderadatsch, verstanden. Mag es auch nicht sonderlich virtuos aggressiv, sondern häufig biedermännisch-beschaulich sein, oft zahm in seinen Texten und eher schlicht in seinen Illustrationen, es bleibt doch eine umfassende und inhaltsreiche Quelle für die Dokumentation einer bestimmten Position in der politischen Landschaft der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Alfred Estermann