Die mittelalterlichen Handschriften der Anhaltischen Landesbücherei Dessau

Köthener Historienbibel, 15. Jh. (Georg Hs. 7b. 2°)

119 Handschriften mit 22.200 Blatt

Mikrofiche Edition

462 Mikrofiches, 1996, ISBN 3-89131-215-6
Diazo negativ: EUR 7.930,– / (exkl. MwSt.) / EUR 9.436,70 (inkl. MwSt.)
Silber negativ: EUR 9.516,– (exkl. MwSt.) / EUR 11.324,04 (inkl. MwSt.)
Katalog

Zur Geschichte der Anhaltischen Landesbücherei Dessau

Die Anhaltische Landesbücherei Dessau blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Im Februar 1922 als »Anhaltische Landesbücherei« eröffnet, bildete die 1876–1878 in Dessau als Verwaltungsbibliothek gegründete Herzogliche Behördenbibliothek ihren Grundstock. Im Lauf der 20er Jahre kamen weitere Sammlungen hinzu, insbesondere die Herzogliche Hofbibliothek und die Georgsbibliothek.

Große Verluste brachte der Zweite Weltkrieg mit sich, ungefähr 90 Prozent der Sammlung gingen verloren. Nach 1945 wuchs der Bestand der Bibliothek durch intensive Tauschbeziehungen – zum Beispiel mit Bibliotheken in Berlin, Gotha und Halle – wieder an. Ab 1957 war die AnhaltischeLandesbücherei Außenstelle, ab 1959 dann Zweigstelle der Universitäts- und Landesbibliothek Halle. 1969 wurde sie mit der 1898 gegründeten Stadtbibliothek Dessau vereinigt. 1991 schließlich wurde der »Stadtibliothek« wieder der Name »Anhaltische Landesbücherei« verliehen. Ebenfalls seit 1991 hat die Wissenschaftliche Teilbibliothek der Anhaltischen Landesbücherei Dessau ihren Sitz im Dessauer Palais Dietrich. Ihr Bestand umfaßt heute etwa 111.000 Bände, davon gut 10.000 Altbestand.

Die Sammlungen des Altbestands

Die Herzogliche Behördenbibliothek

Sie vereint mehrere Bernburger und Dessauer Sammlungen, deren wichtigste die Bernburger Bibliothek der Fürsten Christian I. (1568–1630) und Christian II. (1599–1656) ist. Diese Sammlung erreichte ihren Höhepunkt zu Beginn des 18. Jahrhunderts, im Jahr 1715 umfaßte sie 2.335 Titel.

Weiterhin gingen in die Behördenbibliothek ein: die Arnstädter und Sonderhäusische Bibliothek, die Bibliothek des Stiftes Gernrode, die Bibliothek der Fürstlich Anhaltischen Deutschen Gesellschaft, die Sammlung des Bergwerkdepartements Harzgerode und die Medizinalbibliotheken Bernburg sowie die Anhaltinen-Sammlung des Pfarrers und Historikers Theodor Elze (1823–1900).

Eine Reihe von Institutionen wie beispielsweise das Statistische Landesamt, das Landwirtschaftsamt und die Fürstliche Amalienstiftung gaben bei Gründung der Anhaltischen Landesbücherei ihre Bestände an diese ab. Ähnliches war bereits bei Gründung der Behördenbibliothek geschehen, die zum Beispiel Bestände des Oberlandesgerichts übernommen hatte. Bei der Behördenbibliothek verwies schon der Name auf ihr Programm, sie war Verwaltungsbibliothek. Die Anhaltische Landesbücherei verstand sich als wissenschaftliche Bibliothek für das Land Anhalt und richtete darauf ihre Erwerbungen aus.

Die Herzogliche Hofbibliothek

Sie wurde 1820 als öffentliche Bibliothek durch Zusammenlegung von Büchersammlungen aus verschiedenen Schlössern Dessaus und Umgebung eröffnet. Die älteste Sammlung ist die von Johann Georg I. (1567–1618) gegründete und von seiner Tochter Eva Katharina (1613–1679) weitergeführte und vermehrte Sammlung, wichtig ist auch die Bibliothek des Fürsten Friedrich Franz in Wörlitz. Weiterhin gingen in die Hofbibliothek ein die Bibliotheken des Architekten Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff (1736–1800), die Sammlungen der Hauptschule und des Philanthropinums sowie weitere private Sammlungen, wie etwa die des russischen Bibliothekars von Schardius oder des Astronomen Schwabe. 1898 wurde die Sammlung des preußischen Diplomaten Hermann von Thile (1812–1889) übernommen, deren Schwerpunkte im Bereich der Geschichte und Literatur liegen.

Die Georgsbibliothek

Diese Sammlung des Fürsten Georg III. (1507–1553) wurde nach 1600 nicht mehr vermehrt. Georg III., Dompropst in Magdeburg und später evangelischer Bischof in Merseburg, ein Freund Luthers und Melanchthons, hatte seine Bibliothek als typische Sammlung der Reformationszeit aufgebaut. Auch Georgs Mutter, Margarete von Münsterberg (1473–1530), und andere Familienmitglieder trugen zur Vermehrung des Bestandes bei. Diese Sammlung kaufte der anhaltische Staat 1926 für die damalige Anhaltische Landesbücherei auf.

Heute umfaßt die Biliothek gut 500 Bände (ungefähr 1.800 Titel) darunter reich illustrierte Handschriften, Wiegendrucke und Frühdrucke. Die Sammlung enthält unter anderem Schriften von Reformatoren wie Luther, Melanchthon, Zwingli, Calvin und Hutten und von Gegenreformatoren wie Johann Eck und Cochläus, weiterhin antike Autoren, Schriften von Humanisten (zum Beispiel Erasmus) u.a. Seit 1528 sammelte Georg auch hebräische Schriften.

Einige Glanzlichter der Sammlung

Die Sammlung enthält lateinische, deutsche, hebräische, italienische und französische Texte. Das thematische Spektrum reicht von der Theologie über Recht, Philologie, Kunst, Dichtung, Musik und Medizin bis zu den Naturwissenschaften.

In den heutigen Handschriftenbeständen der Anhaltischen Landesbücherei Dessau macht die Georgsbibliothek den umfangreichsten Teil aus. Vor allem aus diesem Bestand stammen die bis heute erhaltenen besonders wertvollen Handschriften der anhaltischen Sammlung. An erster Stelle ist hier die reich illusrierte »Köthener Historienbibel« (Georg Hs.7b.2°) aus dem 15. Jahrhundert zu nennen. Die Handschrift ist wahrscheinlich Thüringer Herkunft und wurde, obwohl sich in ihrer Entstehungszeit bereits die Drucktechnik zu etablieren begann, noch nach der alten Art, als Handschift, mit mehr als 500 Illustrationen hergestellt.

Aus dem gleichen Jahrhundert wie die Köthener Bibel stammen theologische Sammelhandschriften, »Freidanks Bescheidenheit« (Georg Hs. 24.8°), und »Johannes Tauler« (Georg Hs. 44.8°), letztere eine Sammlung von Texten der deutschen Mystik, darunter »Der Frankforter = Theologia deutsch« und der Meister Eckhart zugeschriebene »Traktat von der Abgeschiedenheit«. Einer besonderen Erwähnung wert sind aus diesem Bestand auch die Handschriften »Von den 24 Alten« des Lesemeisters des Franziskaner-Ordens Ottto von Passau aus dem Jahr 1446 (Georg Hs.230.8°) – ein mit prächtigen Initialen geschmücktes Werk –, die »Statuten des Deutschen Ordens« von 1442 (Georg Hs. 243.8°) sowie vier »Sachsenspiegel« aus dem 14./15. Jahrhundert (Georg Hs. 266 – Georg Hs. 269). Auch die Handschrift »Stricker. Ulrich von Etzenbach. König Laurin. Rosengarten von Worms« (Georg Hs. 224. 8°) aus dem 15. Jahrhundert ist hier zu nennen.

Aus der Hofbibliothek stammen mehrere Horaz-, Ovid- und Vergilhandschriften aus dem 10. bis 13. Jahrhundert (HB Hs. 1–13), wobei der Horatius aus dem 10. Jahrhundert (HB Hs. 1) das ältests Stück der gesamten Handschriftensammlung ist.

Von den vier mittelalterlichen Handschriften aus dem Bestand der Behördenbibliothek ist der »Schlüssel zum Sächsischen Landrecht. Einzelne Artikel des Magdeburger Weichbildrechts« aus dem 15. Jahrhundert (BB Hs. 22841 W (H)) besonders erwähnenswert.