Die Musikdrucke der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg 1488 – 1630
1438 Drucke mit 105.000 Seiten
Schletterer-Katalog von 1878
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2010, ISBN 978-3-89131-518-7
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Mikrofiche Edition
1.445 Mikrofiches, 2000, ISBN 3-89131-241-5
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Katalog
Augsburg als Musikstadt in der Renaissance
Im 15. Jahrhundert erlebte die Reichsstadt Augsburg einen wirtschaftlichen und politischen Aufstieg. Das daraus resultierende gesteigerte Repräsentationsbedürfnis der führenden Schichten führte auch zu einer Blüte des Augsburger Musiklebens, die sich zum Beispiel in der Institution der Augsburger Stadtpfeifer niederschlug. Erstmals 1388 belegt, waren sie festangestellte Stadtmusikanten, die nicht nur bei offiziellen Anlässen wie bei Reichstagen und beim Empfang hochgestellter Gäste aufspielten, sondern auch bei privaten Festlichkeiten der führenden Familien der Stadt. Von den 35 Reichstagen des 16. Jahrhunderts fanden – jeweils unter Teilnahme zahlreicher Fürsten und ihres großen Gefolges – 12 in Augsburg statt. Die Kaiser Maximilian I. und Karl V. hielten sich häufig in Augsburg auf, und die Hofkapelle Maximilians I. war von 1492 bis 1496 in Augsburg ansässig. Mehrere ihrer Mitglieder, so zum Beispiel der Organist und Komponist Paul Hofhaimer (1459–1537), erwarben später das Augsburger Bürgerrecht.
Die Zeit um 1600 bildete einen weiteren Höhepunkt der Augsburger Kulturgeschichte. Dies gilt auch für das Musikleben der Stadt, was sich daran zeigt, daß der Organist und Komponist Hans Leo Haßler (1564–1612) in den Jahren 1600 und 1601 Leiter der Augsburger Stadtpfeifer war. Die Bedeutung der Augsburger Stadtmusikanten wird auch daran deutlich, daß einzelne Stadtpfeifer an die kaiserliche Hofkapelle und an die Hofkapellen in München, Stuttgart, Innsbruck, Salzburg, Mantua, Ferrara und Florenz wechselten.
Im 16. Jahrhundert trat neben die offizielle Musikpflege der Reichsstadt durch die Stadtpfeifer auch die Musikpflege einzelner Familien, insbesondere der Fugger.
Hinsichtlich des kirchlichen Musiklebens sind auf katholischer Seite der bischöfliche Dom und die Benediktinerreichsabtei St. Ulrich und Afra hervorzuheben. 1561 wurde eine Domkantorei mit Kapellmeister und Organisten gegründet. Die damit einsetzende Blütezeit der liturgischen Musikpflege wurde maßgeblich gefördert von dem Domvikar und Komponisten Gregor Aichinger (1564–1628), einem Schüler Giovanni Gabrielis.
Für die protestantische Musikpflege ist die Kantorei bei St. Anna, der protestantischen Hauptkirche der Stadt, zu erwähnen. Kantor bei St. Anna war seit 1581 der Komponist Adam Gumpelzhaimer (1559–1625), unter dessen Leitung die Kantorei ein umfangreiches überkonfessionelles Repertoire aufführte.
Die Staats- und Stadtbibliothek Augsburg
Die Augsburger Stadtbibliothek wurde 1537 gegründet. Im Zuge der Reformation wurden viele Klöster aufgegeben, und so bildeten Teile der Büchersammlungen der aufgehobenen Bettelordensmännerklöster der Karmeliter, Dominikaner und Franziskaner den Grundbestand der neuen Bibliothek. Stadtbibliothekar war der Rektor des 1531 gegründeten Gymnasiums bei St. Anna.
In den ersten Jahren ihres Bestehens hatte die Bibliothek einen Erwerbungsetat von 50 Gulden jährlich. 1545 wurden in Venedig 100 griechische Handschriften erworben, die fortan die Bibliothek berühmt machten. Auch zwei Predigerbibliotheken mit reformatorischem Schrifttum wurden angekauft. Unter ihren gelehrten Leitern – zum Beispiel Hieronymus Wolf und danach Georg Henisch – wurde die Bibliothek im 16. Jahrhundert zu einer Forschungseinrichtung von Rang ausgebaut. Sie galt nach der Wegführung der Bibliotheca Palatina von Heidelberg nach Rom als die bedeutendste protestantische Bibliothek Deutschlands.
Bis 1618 wurden weitere beträchtliche Ausgaben für den Ausbau der Bibliothek getätigt, auch vermachte ihr der 1614 verstorbene Geschichtsschreiber und Augsburger Stadtpfleger Marcus Welser seine 2.266 Bände umfassende Bibliothek. Während des Dreißigjährigen Krieges ging die zuvor so intensiv betriebene Förderung der Bibliothek merklich zurück. Nur langsam gewann sie später einen Teil ihrer früheren Reputation sowie finanzielle und organisatorische Stabilität zurück. Dazu trug auch die 1677 erstmals durch Ratsdekret erfolgte Aufforderung an die Augsburger Drucker und Verleger bei, ein Exemplar von jedem Buch an die Bibliothek abzuliefern.
Einen gravierenden Einschnitt in der Entwicklung der Bibliothek brachte die Säkularisation mit sich. Nachdem 1806 die Reichsstadt Augsburg ihre Selbständigkeit verloren hatte und in den bayerischen Staat eingegliedert worden war, mußte die Stadtbibliothek besonders wertvolle Handschriften (wie die erwähnten griechischen), Inkunabeln und Frühdrucke an die Münchener Hofbibliothek abgeben. Allerdings stand diesen Verlusten ein großer Gewinn an Säkularisationsgut gegenüber.
Nach 1806 erhielt die Bibliothek Bücher aus folgenden kirchlichen Bibliotheken: aus der Benediktinerreichsabtei St. Ulrich und Afra fast 10.000 Bände, darunter auch zahlreiche Musikalien; aus den Augustinerchorherrenstiften St. Georg und Heilig Kreuz, dem Dominikanerkloster, dem Kloster der Franziskanerobservanten, dem der Kapuziner und aus dem Kollegiatstift St. Moritz. Gleichzeitig wurde dienoch rund 10.000 Bände umfassende Bibliothek des Augsburger Jesuitenkollegs St. Salvator und die des Evangelischen Kollegs in die Stadtbibliothek eingegliedert. Nachdem in den Jahren 1817 bis 1835 noch Bestände aus der Eichstätter Hofbibliothek und aus kirchlichen Bibliotheken in Rebdorf, Irsee, Roggenburg, Ottobeuren, Ursberg, Kempten und Mindelheim in die Augsburger Bibliothek gelangt waren, umfaßte der Bestand über 100.000 Bände.
Heute besitzt die Staats- und Stadtbibliothek 3.637 Handschriften, 16.247 graphische Blätter und etwa 450.000 Drucke, darunter 2.798 Inkunabeln, 27.790 Drucke des 16. Jahrhunderts und 30.884 Drucke des 17. Jahrhunderts.
Die frühen Musikdrucke der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg
Die Sammlung umfaßt 449 Drucke von den Anfängen des Buchdrucks bis zum Dreißigjährigen Krieg: 41 Werke der theoretischen Musik, 10 liturgische Drucke, 80 Sammelwerke geistlicher und vor allem weltlicher Musik sowie 307 weltliche und geistliche Werke einzelner, überwiegend italienischer, deutscher und niederländischer Komponisten. Die Sammlung, die manches Unikat enthält, besteht zu etwa der Hälfte aus in Italien gedruckten Musikalien, darunter zahlreiche Produkte der Druckerei Gardano in Venedig.
Während unter den Musikhandschriften der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg zahlreiche Exemplare aus Klosterbesitz, besonders der Benediktinerabtei St. Ulrich und Afra, stammen, läßt sich unter den gedruckten Musikalien nur wenig Säkularisationsgut nachweisen. Etwa 40 Prozent der frühen Musikdrucke lassen keinerlei Rückschlüsse auf ihre Herkunft zu.
Weitere 40 Prozent der Drucke tragen auf dem Einband ein gemaltes Augsburger Stadtwappen, offensichtlich handelt es sich dabei um die Stimmbücher der Augsburger Stadtpfeifer. Gerade unter diesen Musikalien sind italienische Drucke besonders häufig. Die intensiven Handelsbeziehungen, gerade zu Venedig, haben den Erwerb der neuesten italienischen Musikdrucke sicher erleichtert. Daß musikalische Neuerscheinungen recht bald erworben wurden, zeigen auch die 1555 in Breslau veröffentlichten Tanzsammlungen der Brüder Hess, deren Einband aus dem Jahr 1558 stammt und die einen Besitzvermerk des Augsburger Rats aus demselben Jahr tragen.
Neben diesen Bänden der Stadtpfeiferei und den wenigen Drucken, die nachweislich aus Klosterbesitz stammen, finden sich einige aus St. Anna und aus den Privatbibliotheken des Gregor Aichinger und des Marcus Welser.
Einige Glanzlichter der Sammlung
Bei den musiktheoretischen Werken sind besonders hervorzuheben: Hugo Spechtsharts Flores musicae, Straßburg 1488; Martin Agricolas Musica instrumentalis deudsch, Wittenberg 1529, und seine Musica figuralis deudsch, Wittenberg 1532; Nikolaus Listenius' Rudimenta Musica, Wittenberg 1533; Heinrich Glareans Musicae Epitome ex Glareani Dodecachordo, Basel 1559; Athanasius Kirchers Musurgia universalis, Rom 1650.
Unter den liturgischen Drucken finden sich drei Drucke des Augsburger Frühdruckers Erhard Ratdolt, dessen Produkte zu den qualitativ besten Erzeugnissen seiner Zeit gehörten: Vigiliae ac vesperae mortuorum cum officiis secundum chorum Augustensem, Augsburg 1491; Ordo processionis ac missae celebrationis ad divinum auxilium contra infideles impetrandum, Augsburg 1496; Divo Hieronymo sacrum. Divae Annae sacrum, Augsburg 1512.
Als herausragende Beispiele unter den Sammelwerken sind zu nennen: der von Ludwig Senfl zusammengestellte Liber selectarum cantionum, Augsburg 1520; die beiden von den Brüdern Paul und Bartholomäus Hess veröffentlichten Sammlungen spanischer, italienischer, englischer und französischer sowie deutscher und polnischer Tänze, Breslau 1555; die Sammlung I dolci et harmoniosi concenti, Venedig 1562; der von Michael Herrer zusammengestellte Hortus musicalis mit Werken italienischer Komponisten, München 1609.
Von den 307 weltlichen und geistlichen Werken einzelner Komponisten seien hier eigens die Melopoiae siveharmoniae tetracenticae des Petrus Tritonius, eine Vertonung der Oden des Horaz, die 1507 in Augsburg erschien, erwähnt, von den nachfolgend genannten Komponisten enthält die Sammlung jeweils eine größere Anzahl von Werken: Agostino Agazzari, Andrea und Giovanni Gabrieli, Giovanni Giacomo Gastoldi, Jacob Hándl, Hans Leo Haßler, Fernando de la Infantas, Marc Antonio Ingegnieri, Orlando di Lasso, Luca Marenzio, Philippe de Monte, Giovanni Prioli, Jacob Regnard undd Orazio Vecchi.
Die Mikrofiche Edition
Bereits in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts erstellte der Augsburger Kapellmeister Hans Michael Schletterer (1824–1893) einen »Katalog der in der Kreis- und Stadtbibliothek, dem staedtischen Archive und der Bibliothek des Historischen Vereins zu Augsburg befindlichen Musikwerke«. Die Mikrofiche Edition orientiert sich in der Gliederung an diesem Katalog von 1878. Drei der von Schletterer verzeichneten Werke sind in der Staats- und Stadtbibliothek heute nicht mehr nachweisbar, 19 bei ihm fehlende Drucke wurden in die Edition eingegliedert. Ein auf dem Katalog Schletterers basierendes Verzeichnis auf CD-ROM erschließt die Edition.