Flugschriften

Die Flugschriften des 17. Jahr­hun­derts in der Staats- und Stadt­biblio­thek Augsburg

1.888 Titel mit zusammen 78.000 Seiten

Online

2012, ISBN 978-3-89131-525-5
Erwerb: EUR 5.880,– (exkl. Mwst.) / EUR 6.291,60 (inkl. Mwst.)
Jahreslizenz: EUR 588,– (exkl. Mwst.) / EUR 629,16 (inkl. Mwst.)
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Mikrofiche Edition

683 Mikrofiches, 2008, ISBN 978-3-89131-512-5
Silber negativ: 5.880,– (exkl. Mwst.) / EUR 6.997,20 (inkl. Mwst.)
Katalog

Die Flugschriften

Mit der Edition der Flugschriften des 17. Jahrhunderts der Staats- und Stadt­bibliothek Augsburg wird zum ersten Mal ein repräsentativer Flugschriften­bestand komplett analog und online zugänglich.

Flugschriften als historische Quellen

Die herausragende politisch-historische Authentizität von Flugschriften macht diese für die historische Forschung zu Quellen von ganz eigenem Charakter und großem Wert. Auf den Augsburger Bestand trifft dies in besonderem Maße zu. Er folgt einem relativ engen Flugschriftenbegriff, der dazu führte, daß die gesamte Reformationsliteratur und auch der Bestand an späteren kontroverstheologischen und konfessionspolemischen Traktaten nicht in der Bestandsgruppe der Flugschriften verzeichnet wurde. Wie bei kaum einer anderen Sammlung fügen sich deshalb die Stücke des Augsburger Bestands in ihrer Gesamtheit der Beschreibung von Flugschriften als nicht periodische Druckschriften ganz überwiegend geringeren Umfangs, die über aktuelle politische und zeitgeschicht­liche Ereignisse und Streitfragen berichten und dazu Stellung nehmen, sich an eine breitere Öffentlichkeit wenden und Leser rasch und effizient ansprechen wollen.

Zeitlicher und inhaltlicher Schwerpunkt des Bestands

Die Flugschriftensammlung der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg erstreckt sich vom 16. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. Auch unter Ausklammerung der genannten theologischen Literatur umfaßt sie noch rund 3.500 Titel. Aus dem 17. Jahrhundert stammt mit 1.888 Stücken mehr als die Hälfte des Gesamt­bestands. Nur ein einziges Jahr des 17. Jahrhunderts – 1694 – ist nicht mit einer Publikation vertreten, in aller Regel liegen mehrere Stücke aus einem Jahr vor, bis zur Höchstzahl von über 170 im Jahr 1620.

Damit unterscheidet dieser Bestand sich deutlich von den anderen bekannten Sammlungen, die meist von der Reformationsliteratur und den Publikationen des 16. Jahrhunderts dominiert werden, was lange eine besonders intensive Wahrnehmung dieser Zeitraums und Themas bei der Erschließung und Erforschung der Flugschriften bewirkte, während die durchaus virulenten anderen Themen in der Forschung weniger Aufmerksamkeit fanden.

Der außergewöhnliche zeitliche Schwerpunkt und die Qualität dieser Sammlung wird durch eine überprüfung der Titel am VD 17 rasch deutlich. Von 50 aufeinanderfolgenden Titeln des Augsburger Bestands aus den Anfangsjahren des 17. Jahrhunderts sind 5 im VD 17 überhaupt nicht, 4 Titel 1mal, 10 Stück 2bis 5mal und 31 Stück mehr als 5mal nachgewiesen. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts sieht es bei 50 aufeinanderfolgenden Titeln allerdings ganz anders aus: 14 sind im VD 17 nicht nachgewiesen, 10 Stück 1mal, 14 Stück 2mal, und nur 12 Stück mehr als 2mal. Bei einigen Werken konnte zwar der Titel, aber nicht die in Augsburg vorliegende Druckvariante im VD 17 gefunden werden. Während also der Bestand am Beginn des Jahrhunderts noch mit anderen bedeutenden historischen Beständen vergleichbar ist, hebt er sich in den späteren Jahrzehnten klar von anderen Sammlungen ab. Durch die Größe des Bestands und ein kontinuierliches, durch das Interesse an aktuellen Themen bestimmtes ursprüngliches Wachstum vermittelt die Sammlung an Flugschriften des 17. Jahrhunderts ein repräsentatives Bild der Produktion dieses Zeitraums und ihrer Wirkung und Aufnahme. Augsburger Flugschriften machen – obwohl die Stadt ein Zentrum des Buchgewerbes und des Nachrichtenwesens im alten Reich war – nicht einmal 10 Prozent der Gesamtzahl im 17. Jahrhundert aus. Auch dieser Aspekt unterstreicht die organische Bestandsgeschichte der Sammlung, die in nicht von engen lokalen oder regionalen Interessensschwerpunkten geprägt ist.

Besonders aufschlußreich ist der Blick auf die Spitzenjahre, aus denen in der Sammlung jeweils deutlich mehr als 20 Flugschriften vorliegen. Dabei schälen sich vier Ereignisse heraus.

  1. Wie nicht anders zu erwarten übertrifft der Dreißigjährige Krieg bei weitem alles, hat er doch wie kein anderes Ereignis nach der Reformationszeit die Flugschriftenproduktion entfesselt. Die Höhepunkte liegen zwischen 1618 und 1621 (430 Titel) – dem Ausbruch des Kriegs, der Schlacht am Weißen Berg und dem Sturz des »Winterkönigs« Friedrich V. von Kurpfalz – und den Jahren 1630 bis 1632 (182 Titel), dem Siegeszug des Schwedenkönigs Gustav Adolf bis zu seinem Tod.
  2. 1656 bis 1658, die Jahre des schwedisch-polnischen Kriegs und des brandenburgischen Seitenwechsels zu einem Bündnis mit dem Kaiser (150 Titel),
  3. 1663/64, der Türkenkrieg gegen Kaiser Leopold I. (45 Titel),
  4. 1673/74, die Erklärung des Reichskriegs gegen Frankreich (70 Titel).

Ganz eindeutig zeigt die quantitative Auswertung der Flugschriftenproduktion, daß nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges die Auseinandersetzung mit den Feinden des Reichs, den Schweden, Türken und Franzosen, die Publizistik der Zeit beherrschten.

Zur Entstehung der Augsburger Sammlung

Flugschriften wurden an der Staats- und Stadtbiliothek Augsburg nicht nachträglich aus Interesse an zurückliegenden Epochen und Ereignissen gesammelt, sondern vielmehr aus dem im Laufe der Jahrhunderte gewachsenen historischen Bestand herausgelöst. Eine separate Flugschriftensammlung entstand dadurch, daß der systematischen Aufstellung zuliebe im 19. Jahrhundert viele Sammelbände in ihre Einzelschriften zerlegt und auf die einzelnen Fächer verteilt wurden. Die Flugschriften wurden mit einfachen Papierumschlägen versehen und zu chronologisch geordneten Konvoluten zusammengefaßt, die als Anhänge zu den Fächern Geschichte und Staatswissenschaften verzeichnet wurden. Für die Flugschriften zu den Türkenkriegen wurde ein eigener Sonderband angelegt.

Die meisten Flugschriften des heutigen Bestands waren nach ihrem Erscheinen in die verschiedenen privaten und kirchlichen Bibliotheken des Augsburger, ostschwäbischen und Eichstätter Raums gegangen und dann in die 1537 gegründete alte Augsburger Stadtbibliothek gelangt, aus der nach der Säkularisation und Mediatisierung die Staats- und Stadtbibliothek wurde. Damit spiegelt sich in dieser Sammlung in erheblichem Maße das zeitgenössische Bewußtsein und die Aufnahmebereitschaft der öffentlichkeit im Süden des alten Reichs.